„Es ist ein groß Ergetzen,
sich in den Geist der Zeiten zu versetzen;
zu schaun, wie vor uns ein weiser Mann gedacht,
und wie wir’s dann zuletzt so herrlich weit gebracht.“
So spricht der Schüler Wagner zu seinem Lehrmeister Faust in Goethes gleichnamiger Tragödie; und in der Tat stellt es noch heute ein besonderes Vergnügen dar, sich anzuschauen, was sich Goethe in seinem Meisterwerk so alles ausgedacht hat.
Doch wie kann man dieses Vergnügen Schülerinnen und Schülern näherbringen, die oftmals schon von der ungewöhnlichen Sprache Ausschlag bekommen?
Dieser Aufgabe hat sich der Schauspieler Steffen Schlösser (www.steviescreativearts.de) in seinem Ein-Mann-Stück „Faust für alle“ gestellt, das er am Freitag, den 14.10.2022, in der IGS Emmelshausen aufgeführt hat. Schon mit seinem Gang auf die Bühne machte der Künstler deutlich, wie er die ca. 100 anwesenden Jugendlichen von Goethes Meisterstück überzeugen wollte: Verkleidet als Bettler schritt er durch den Flur, rezitierte die „Zueignung“ und versuchte währenddessen immer wieder von dem Publikum Cent-Stücke zu erbetteln. Enttäuscht von den ausbleibenden Gaben warf er sein Kostüm fort und erklärte den Anwesenden dann als er selbst den Sinn dieses Prologs vor dem Prolog. Damit präsentierte Schlösser gleich zu Beginn alle Stilmittel seiner beeindruckenden One-Man-Show: Indem er immer wieder in die unterschiedlichsten Rollen des Stückes schlüpfte und dabei humorvoll das Publikum miteinbezog, gelang es ihm, die anwesenden Schülerinnen und Schüler für die Originalsprache zu öffnen, deren Bedeutung er ihnen durch kurzweilige Erklärungen näherbrachte.
So erläuterte er den Zuschauerinnen und Zuschauern, dass Faust eigentlich „Scheiße“ meine, wenn er „verflucht“ sage, und ließ sie deshalb während des Monologs kräftig mitfluchen. Noch größere Begeisterung rief Schlösser allerdings hervor, wenn er Schülerinnen und Schüler als Wagner oder Gretchen auf die Bühne holte und mit ihnen interagierte. Ein Schüler musste sich sogar als Valentin ein Duell mit dem Schauspieler liefern. Mit diesem intensiven Körpereinsatz schaffte es Schlösser in knapp 100 Minuten, Faust für die Schülerinnen und Schüler erlebbar zu machen. Er schuf also wahrlich einen „Faust für alle“.
Im Anschluss an die Vorführung beantwortete der Darsteller dem 13er Deutsch-LeistungsKurs eine Vielzahl an Fragen zu Goethes Lebenswerk und dessen Interpretation.
Ein besonderer Dank geht deshalb an die Kulturfabrik Koblenz (www.kufa-koblenz.de), die den Kontakt zu diesem tollen Künstler vermittelte, um ihn auf die IGS-Bühne zu holen.
Mehr Infos zum Theaterstück online unter: www.faustfueralle.de.
Michael Rößel
